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Rezensionen

Rezension „Genussvoll vegetarisch“ von Yotam Ottolenghi

Wisst ihr, was das Schöne ist, wenn man so viele Foodblogs liest, wie ich es seit geraumer Zeit tue? Dass man immer wieder Dinge entdeckt, auf die man sonst nie aufmerksam geworden wäre. Ich spreche gar nicht nur von tollen Rezepten. Viele Foodblogger schreiben über alle möglichen Sachen rund ums Essen: zum Beispiel über neu entdeckte Zutaten oder Küchengeräte, gute Restaurants, leckere Weine, Food-Events und natürlich über Kochbücher.

Womit wir beim Stichwort wären: Der Text für diesen Beitrag hier schlummerte schon ein Weilchen (noch unfertig) in meinem Löffelgenuss-Ordner. Aber genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt, ihn zu veröffentlichen. Denn: Ich mache mal wieder bei einer Aktion mit. Die Autorin des Foodblogs Arthurs Tochter Kocht (reinschauen lohnt sich!!) hat mit der Aktion „Jeden Tag ein Buch“ Blogger dazu aufgerufen, „Genussbücher“ zu rezensieren. Ob ich „jeden Tag ein Buch“ schaffen werde, bezweifle ich. Aber da ich Kochbücher sehr gerne mag, nutze ich die Chance, euch diese Woche auf Löffelgenuss den ein oder anderen kulinarisch-literarischen Schatz vorzustellen. Wem das nicht genug ist, der kann auf der Seite von Arthurs Tochter Kocht vorbeischauen. Die Autorin, Astrid Paul, hat dort alle Blogs aufgelistet, die an der Aktion teilnehmen und die ebenfalls Genussbücher auf ihren Seiten vorstellen.

Los geht’s mit „Genussvoll vegetarisch“ von Yotam Ottolenghi.

Niemals hätte ich mir spontan dieses Kochbuch gekauft, das ich im Moment als das beste bezeichnen würde, das ich je besessen habe (echt!). Es sieht – für mich – von außen so gar nicht ansprechend aus. Eigentlich fast schon abschreckend: ein wattierter, lila-farbener Plastik-Umschlag mit güldenem Titel. Aber selbst wenn sich das Buch im Buchladen in meine Hände verirrt hätte: Beim Durchblättern reizte es mich auch nicht so richtig. Es gibt zum einen nur wenige Fotos (kann ich nicht verstehen, die sind für mich DER Appetitanreger schlechthin…) und die Fotos, die drin sind, sind… nun ja… zwar technisch gut fotografiert… aber ich finde, dass sich der Fotograf bei anderen Foodbloggern durchaus etwas vom Foodstyling abgucken könnte. Für mich dürfte es kreativer sein… – so dachte ich zumindest am Anfang. Nachdem ich das Konzept durchschaut hatte, finde ich jetzt, dass die Foto-Auswahl und auch die Kompositionen für „Genussvoll vegetarisch“ genau richtig sind.

Warum liegt dieses Buch jetzt also neben mir? Zum einen habe ich in unzähligen Foodblogs darüber gelesen und die meisten waren ziemlich begeistert von diesem Ottolenghi. Als ich dann im schönen Nippeser Buchladen „Nebenan“ in der Kochbuch-Ecke gestöbert habe, fiel mir das „Genussvoll Vegetarisch“ auf. Da ich mir in den Kopf gesetzt habe, weniger Fleisch zu essen (was Felix nicht so richtig einleuchten will), habe ich angefangen, das Buch durchzublättern. Und ich kann euch sagen: Trotz der fehlenden Fotos ist mir bei der Beschreibung der Gerichte und der Auswahl der Zutaten das Wasser im Mund zusammengelaufen.

Von allen Rezepten, die ich bisher ausprobiert habe, bin ich restlos begeistert, kann alle weiterempfehlen und werde sie hier auch noch veröffentlichen. Bisher habe ich noch keines der Rezepte gepostet, weil ich nicht so recht wusste, womit ich anfangen sollte. Ich überlasse euch jetzt gerne die Wahl 🙂 Welches der folgenden Rezepte möchtet ihr demnächst auf Löffelgenuss lesen? (Hinterlasst einfach einen Kommentar unter diesem Beitrag.)

Diese Rezepte aus „Genussvoll vegetarisch“ habe ich bereits nachgekocht:

(* die mit Stern gekennzeichneten Rezepte sind aus „Ottolenghi. The Cookbook“)

Die Titel der Rezepte klingen erst mal wenig nach „ohhh“ und „mhmm“. Dafür muss man sich schon die Zutatenlisten anschauen. Da entdeckt man viele Gewürze aus dem Orient und Asien, wie etwa Koriander, Chili, Zitronengras oder Kreuzkümmel; aber auch typische Zutaten der mediterranen Küche: Petersilie, Sellerie, Mozzarella, Basilikum.

Fusion Cooking at its best in „Genussvoll vegetarisch“

Ich finde, man kann heute gar nicht mehr so genau sagen, welche Zutaten, Gewürze oder Zubereitungsarten zu welcher Küche gehören. Und genau das macht – für mich – den Reiz an Ottolenghis Rezepten aus. Es ist Fusion-Cooking at its best! Eine Mischung aus den leckersten Zutaten vieler verschiedener nationaler Küchen. Die Kompetenz, die Ottolenghi hat, ist zu wissen, wie man diese Zutaten zu einem perfekten Gericht mischt.

Die Lauchpuffer in „Genussvoll vegetarisch“ zum Beispiel mit Kurkuma, Kreuzkümmel und Zimt zu würzen und dazu einen Dip aus griechischem Joghurt mit Knoblauch, Zitronensaft und frischem Koriander zu reichen, ist einfach nur eine geniale Idee.

Oder der Zucchini-Salat: Basilikum als Salatblätter? Großartig! Ich hab noch nie drüber nachgedacht, Basilikum als Salatblatt und nicht als Gewürzkraut zu nutzen.

Als nächstes will ich die „Sobanudeln mit Aubergine und Mango“ probieren. Bei der Kombi aus Knoblauch, Chili, Limetten-Abrieb, Thai-Basilikum, Koriander und rohen, roten Zwiebeln entsteht in meinem Kopf eine Sprechblase, wo einfach nur „mhmlecker“ steht 😉

Um zu verstehen, wie Ottolenghi darauf kommt, diese Zutaten auf diese besondere Weise zu mischen, muss ich euch ein bisschen über ihn erzählen:

Ottolenghis Wurzeln

Yotam Ottolenghi wurde 1968 in Jerusalem geboren und wuchs auch dort auf. Dass er als Kind unheimlich gerne aß, finde ich nicht so spannend, erwähne es aber, weil er genau so seine Geschichte beginnt. Interessant finde ich allerdings, wie er von seinen italienischen Großeltern erzählt. Sie lebten zwar in Tel Aviv (ihrer Exil-„Heimat“), aber bei Ihnen zu Hause wirkte es wie in ihrer Heimat der Toskana, schreibt Ottolenghi: Sie waren italienisch eingerichtet, kochten italienisch und aßen von Geschirr, das sie aus Italien mitgebracht hatten. Das erklärt den mediterranen Einschlag, den Ottolenghis sonst eher orientalisch anmutende Rezepte haben.

Sympathisch ist mir natürlich auch, dass er, bevor er zum „neuen Star der Londoner Kochszene“ wurde (so heißt es auf dem Buchrücken), in Tel Aviv Literatur und Philosophie studierte und als Journalist arbeitete. Bevor es an die Promotion gehen sollte, brauchte Ottolenghi eine Pause, wie er schreibt. Er reiste nach London und besuchte dort eine Kochschule. Natürlich nicht irgendeine Kochschule, sondern das Cordon Bleu (im Cordon Bleu Paris hat übrigens Julia Child kochen gelernt…).

Dort traf er auf Sami Tamimi. Nachdem sich beide eine halbe Stunde unterhalten hatten, entdeckten sie, dass sie beide die gleiche Sprache sprechen und in der gleichen Stadt aufgewachsen sind: Ottolenghi im israelischen Teil Jerusalems, Tamimi im palästinensischen Teil. Als junge schwule Erwachsene sind beide zur gleichen Zeit nach Tel Aviv gezogen, weil … ich zitiere jetzt mal direkt: „lookig for personal freedom and a sense of hope and normality that Jerusalem coundn’t offer“ (Yotam Ottolenghi and Sami Tamimi. Ottolenghi. The Cookbook. Ebury Press, 2008). In London haben dann beide zusammen 2002 ein Restaurant eröffnet und das Kochbuch „Ottolenghi. The Cookbook“ herausgegeben (auch sehr empfehlenswert).

Ottolenghi ist gar kein Vegetarier!

„Genussvoll vegetarisch“ hat Ottolenghi 2010 veröffentlicht. Es enthält viele seiner Rezepte, die er zuvor in der Kolumne „The New Vegetarian“ im Wochenend-Magazin des Guardian veröffentlicht hatte. Was ihn noch mal sympathisch macht: Er ist gar kein Vegetarier. „Ich esse gern Fleisch und Fisch, aber mir fehlt nichts, wenn ich beides weglasse“, schreibt er im Vorwort. Der Guardian war auf Ottolenghi aufmerksam geworden, weil er und Tamimi auf eine besondere Art und Weise mit Gemüse und Getreide umgehen sowie aufgrund der Originalität ihrer Salate.

Das Konzept von „Genussvoll vegetarisch“ ist ein bisschen unüblich: Es geht nicht nach Kategorien wie Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise, sondern Ottolenghi ordnet seine Rezepte nach Hauptzutaten. So heißen die Kapitel beispielsweise „Die Kohlfamilie“, „Zwiebel & Co.“ oder „Die vielseitige Aubergine“. Warum das so ist, erklärt er so: „Im Mittelpunkt eines Gerichtes (…) steht eine Zutat, und zwar eine einzige Zutat – und auch nicht irgendeine, sondern eine meiner Lieblingszutaten. Gewöhnlich beginne ich mit diesem zentralen Element und arbeite mich daran entlang, entwickle es weiter und präsentiere es auf eine neue Art, wobei diese eine Zutat immer im Mittelpunkt bleibt und das Herzstück des fertigen Gerichts bildet.“ Stimmt! Besser hätte ich es nicht beschreiben können 😉 Und ich denke, genau das macht seine Gerichte so „mhmlecker!“.

Ich hoffe, ich habe euch mit diesem langen Beitrag nicht erschlagen. Es ist einfach so aus mir heraus gesprudelt….

Als weitere Genussbücher für die Aktion „Jeden Tag ein Buch“ habe ich mir ein indisches Kochbuch und ein Buch über „versteckte Küchen“ ausgesucht. Und: Ich habe einen Gastautor gewinnen können: Felix stellt euch „Mordshunger“ von Frank Schätzing vor.

Viel Spaß auf dem Weg in den Buchladen eures Vertrauens 😉
Eure Julia

5 Kommentare

  • Lucia
    8. Juli 2013 um 20:37

    Also bei dem folgenden Rezept hatte ich gleich ein „mhhhh“ im Kopf aber es steht leider nicht auf der Auswahlliste 🙁 Ich will sofort wissen wie die „Sobanudeln mit Aubergine und Mango“ bei euch ankam!
    Etwas stutzig bin ich bei dem Lammkarree geworden. Hat sich das Lämmchen bei den Vegetariern verlaufen?
    Lange Rede, kurzer Sinn-meine Wahl fällt auf den Zucchini Salat.
    Liebe Grüße :-*

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  • Trudi
    11. Juli 2013 um 09:50

    Hallo Julia,
    ich hab das Buch gerade neben mir liegen und werde mir heute nachmittag den Zuchini-Haselnuss-Salat machen.
    Mir hat die Aufmachung direkt richtig gut gefallen, weil es mal ein bißchen anders ist und auch die so überhaupt nicht gestylten Bilder sind mir sehr recht, das sieht schon eher aus, wie meine eigenen Teller… 🙂
    Herzlichen Dank für deine Besprechung!
    Liebe Grüße
    Trudi

    Antworten
    • julia
      13. Juli 2013 um 11:45

      Hallo Trudi! Und, wie hat dir der Zucchini-Salat geschmeckt? Ich muss ihn auch unbedingt noch mal machen… Wir haben statt der Haselnüsse übrigens Pinienkerne genommen. Auch mhmlecker! Ein schönes Wochenende! Julia

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  • Sugarprincess Yushka
    13. Juli 2013 um 13:48

    Ein wunderbares Buch, da kann ich nur zustimmen… für mich übrigens auch das Beste, das ich je besessen hab… Ich hab schon acht Gerichte vorwiegend daraus (aber auch aus Jerusalem) verbloggt und weitere zehn liegen noch auf Halde… 😉 LG!

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    • julia
      14. Juli 2013 um 12:16

      Hallo Yushka!
      Hab mir grad mal deine Seite angesehen. Stimmt, da sieht man noch einen Ottolenghi-Fan 🙂 Das Fenchel-Huhn sieht fantastisch aus!!
      Alles Gute für Jakob und viele Grüße aus deiner Heimatstadt!

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