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Mein Besuch im „Aura & Anima“ von Alexander Herrmann und Tobias Bätz

Aura & Anima

// Presseeinladung //

Vor einer Weile war ich zum Release-Dinner im fränkischen Wirsberg eingeladen. Alexander Herrmann, Tobias Bätz und ihr Team haben dort ihr neues Kochbuch vorgestellt: „Aura & Anima“ – wie das gleichnamige Foodlabor und Restaurant. In diesem Beitrag nehme ich euch mit hinter die Kulissen und stelle euch ihr umfangreiches Buch vor.

Wir stehen im Aura. Neben mir dreht sich ein Kolben mit einer dunklen Flüssigkeit, hinter mir reicht ein beleuchtetes Regal mit zahlreichen Einmachgläsern bis unter die Decke, vor uns steht ein massiver Holztisch mit einer Auswahl abgefahrener Köstlichkeiten. „Unser Future Lab Anima ist eigentlich aus der Not heraus entstanden“, erzählt Alexander Herrmann. Als sie ihr Zwei-Sterne-Lokal Aura während der Corona-Pandemie schließen mussten, wollten sie die Waren, die sie von den Produzentïnnen in der Region bestellt hatten, nicht stornieren. Und sie hatten Zeit. Sehr viel Zeit. Zeit, um nach vorne zu arbeiten, nachzudenken und sich auszuprobieren. „Wir haben natürlich schon vorher experimentiert: mit Fermentation, Einlegen oder Reifenlassen“, sagt Alexander. Aber während des Lockdowns erschufen sie schließlich ihr „Fermentation Lab“, das heutige Anima. Hier probierten sie, die Zutaten, die sie zuvor haltbar gemacht hatten, Teil der Menüs im Aura werden zu lassen.

Aus diesem Prozess ist dann eine ganz neue Philosophie entstanden: das Konzept „Grenzenlose Heimat“. „Natürlich haben wir auch schon lange vor der Corona-Zeit vorwiegend regional gekocht“, schreibt Alexander im Vorwort des Buches. „Doch erstens haben wir dies nicht in letzter Konsequenz durchgezogen und eben trotzdem einen bretonischen Hummer auf die Karte genommen, japanisches Rinderfilet oder einen edlen Bordeaux. Und zweitens haben viele Leute die Regionalität sicherlich gar nicht wirklich wahrgenommen, weil wir ihnen keine glaubhafte, emotionale und spannende Hintergrundgeschichte dazu erzählten.“

Und genau das machen sie in ihrem Buch „Aura & Anima“. Natürlich ist das auch ein Kochbuch, es enthält ja zahlreiche Rezepte. Aber ich würde es fast eher als ein „Geschichten-Buch“ beschreiben, in dem man bei einer Tasse Tee genüsslich schmökern kann.

Das Buch – das übrigens auch eine englische Übersetzung enthält – lässt sich grob in zwei Teile gliedern:

Geschichten aus dem Aura und Anima

Im ersten Teil erzählt Joshi Osswald, wie das Anima entstanden ist. Joshi ist Foodscout. Was das ist? Ein Koch, der sich auf die Suche nach interessanten, innovativen oder besonderen Produkten begibt. In diesem Fall ausschließlich in Franken, also in der nördlichen Region Bayerns. Während wir von dem salzig-rauchigen Steckrüben-Schinken kosten (ich hatte Speckrübenschinken verstanden, Freud‘scher Verhöhrer ;-), erzählt Joshi, dass diese neun Monate gereifte „vegane Schinkenvariante“ eher durch Zufall entstanden ist. Auch aus Abfällen entstehen häufig ganz tolle Kreationen: Eine Art Amaretto zum Beispiel durch Kirschkerne, die sie in Alkohol einlegen.

Seine Arbeit im Anima beschreibt Joshi im Buch so: „Wir kreieren darin unsere Produkte zwei Mal neu: Zunächst das pure, unverfälschte Lebensmittel, das durch unterschiedlichste Vorgehensweisen eine ganz andere Beschaffenheit, einen anderen Geschmack oder andere Verwendungsmöglichkeiten erfährt. Das ist der erste Kreativprozess. Der zweite folgt dann später im Aura für den Teller, auf dem das zuvor veränderte Produkt in Kombination mit anderen Lebensmitteln zu einem einzigartigen Gericht wird.“

Rund 80 Erzeugerïnnen hat Joshi in den vergangenen Jahren rund um Wirsberg aufgetan. Von ihnen werden einige im Buch porträtiert – auch durch die sehr nahbaren Bilder von Jesper Hilbig.

Darunter sind die USA-Fans Anne und Alexander Leichtenstern, die Longhorn-Rinder züchten, die es sonst nur im Wilden Westen gibt und deren Fleisch durch die Zugabe von Hafergras besonders köstlich wird.

Dass es im Anima zwar Maracujas, aber keinen Bordeaux gibt, klingt merkwürdig, ist es aber nicht: Diese, und andere exotische Früchte, kommen aus dem Tropenhaus Klein Eden von Familie Heinz in Tettau. Mit dem Tropenhaus können sie das warme Kühlwasser, das sie für ihre Glasmanufaktur benötigen, direkt wieder loswerden.

Kaviar: Aus der Spitzenküche kaum wegzudenken. Sollte aber runter von der Karte, auch weil die Stör-Bestände so überfischt sind. Bis Sebastian Salomon, der im Betrieb für die EDV-Anlagen zuständig war, erzählte, dass er um die Ecke nebenberuflich eine Stör-Zucht betreibt. Der fränkische Kaviar steht den anderen Produkten in nichts nach, berichte ich aus eigener Erfahrung.

Der zweite Teil des schwergewichtigen Buchs umfasst zahlreiche Rezepte aus dem Anima und dem Aura:

Rezepte aus dem Anima & Aura

Davon gibt es mehr als 200: Über 40 Rezepte aus dem Anima und rund 120 aus dem Aura (nach Jahreszeiten gegliedert). Dazu kommen noch über 25 Grundrezepte, zum Beispiel für ein Pilz-Dashi, Tomatenöl oder ein schwarzes Johannisbeergel, und fast 40 Rezepte für alkoholfreie Getränke, wie etwa ein Auberginen-Tee oder ein Artischocken-Tonic.

Ich bin erstaunt, dass das Team so viele Details preisgibt. Aber trotz der detailreichen Anleitung – sie geht teilweise über mehrere Seiten – werde ich niemals in Köln ein ähnliches Restaurant eröffnen können. Mir fehlen die Zutaten und das Können. Trotzdem ist mein Ehrgeiz geweckt, ich möchte die eingeweckten Artischocken und die geschmorte Aubergine gerne mal nachkochen. Wenn ich nicht alle Komponenten auf den Teller bringe, könnte das klappen. Ich berichte!

Was mir sehr gut gefällt und dem Buch gut zu Gesicht steht, ist, dass die Rezepte getrennt von den ganzseitigen eleganten Fotos notiert sind. Das Team hat die Gerichte künstlerisch auf höchstem Niveau auf den Teller gebracht und Pieter D’Hoop hat sie fotografisch perfekt ins Licht gesetzt. Heimatküche 2.0 wie ich sie besser bisher nicht gekostet habe!

Wenn ihr euch übrigens fragt, warum das Buch ausgerechnet in altrosa eingebunden ist: Das ist die Wandfarbe im Aura. Und warum die rosa ist und was ein Damenschlüpfer damit zu tun hat, könnt ihr bei Falstaff nachlesen.

Viele Grüße
Eure Julia

Inspiration für ein weiteres Rezept

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