Für eine nachhaltige Ernährung müssen wir nicht vegan leben. Wenn mehr Gemüse und weniger Fleisch auf dem Teller und weniger Lebensmittel in der Tonne landen, ist schon viel gewonnen.
Das ist meine Meinung nach meiner Recherche zu Thema nachhaltige Ernährung und zur Frage, wie ich meine Ernährung so gestalten kann, dass die Erde keinen Schaden nimmt und die Generationen nach uns auch noch genügend zu Essen haben.
Meine Motivation für nachhaltige Ernährung (und diesen Beitrag)
Ich gebe zu, die Motivation für diesen dpa-Beitrag war recht persönlich: Ich habe immer häufiger ein schlechtes Gewissen, wenn ich Fleisch esse. Die Debatten um Veganismus empfinde ich häufig als militant. Auf der anderen Seite regen mich provokante Aussagen wie „Ich lasse mir mein Schnitzel nicht wegnehmen!“ auf (AfD-Politikerin Alice Weidel). Ich habe sehr viele Fleischersatzprodukte probiert und leider schmeckt mir davon kaum etwas.
Aus diesen Gründen wollte ich mich gerne näher mit dem Thema befassen. Soviel vorweg: Wenn Alice Weidels Schnitzel als Billigfleisch daherkommt, bin ich schon der Meinung, dass man es ihr wegnehmen sollte. Billiges Fleisch aus Massentierhaltung macht unseren Planeten kaputt. Nicht (nur), weil – wie viele denken – die Rinder so viel pupsen und so eine Menge CO2 in die Luft kommt. Sondern weil sie uns unsere Nahrungsgrundlange wegfressen: Die Rinder werden pro Tag mit massenhaft Getreide gefüttert. Um das anzubauen, benötigen die Landwirt:innen riesige Ackerfelder. Diese werden häufig viel zu intensiv genutzt und mit Schadstoffen belastet. Das führt dazu, dass die Böden kaputt gehen und Arten sterben (Insekten und Pflanzen). Dadurch fehlt langfristig Ackerfläche, um für acht Milliarden Menschen in der Zukunft ausreichend Nahrung zu sichern.
Tipps für den Alltag
Wir müssen dringend weniger Fleisch essen! Aber das bedeutet nicht, dass wir kein Fleisch mehr essen dürfen. „Nachhaltig produziertes Bio-Fleisch aus der Region, zum Beispiel Rindfleisch von Tieren, die auf der Weide gehalten werden ist, eine gute Variante“, sagte mir zum Beispiel die Agraringenieurin Britta Klein vom Bundeszentrum für Ernährung. Ich betrachte Fleisch als Genussmittel: Lieber einmal die Woche ein richtig gutes Stück Fleisch, als mehrmals die Woche billiges Fleisch. Das geht dann auch mit schmalem Geldbeutel.
Schöne Beispiele, wie wir weniger tierische Produkte verwenden und trotzdem genussvoll essen können, hatten meine beiden Interviewpartnerinnen Verena Hirsch und Melanie Kirk-Mechtel, die beide gerade ein Buch dazu geschrieben haben. Sie ersetzen zum Beispiel die Hälfte der Milch durch Hafermilch (ich auch), ersetzen in Frikadellen die Hälfte des Hackfleischs durch Pilze oder kochen die Bolognese zu gleichen Teilen mit Fleisch und Gemüse (wir auch).
Lebensmittelverschwendung ist ein weiterer wichtiger Punkt in der Debatte. 11 Millionen Tonnen landen in Deutschland im Müll. Über die Hälfte (!!!) stammt aus privaten Haushalten. Jedes einzelne Lebensmittel hat bereits Treibhausgase produziert, den Wasserverbrauch erhöht und schlicht weg Geld gekostet. Und Arbeit: Das sehe ich an unserem Schrebergarten.
Ethische Aspekte und Fleischersatzprodukte
Für zwei Themen hatte ich leider keinen Platz mehr, obwohl sie in der Debatte enorm wichtig sind:
Der ethische Aspekt beim Fleischkonsum. Rund acht Prozent der Deutschen ernähren sich vegetarisch oder vegan, weil für sie der Tierschutz wichtig ist. Das ist auch mein wunder Punkt, der mein Gewissen quält. Wir essen mittlerweile wirklich wenig Fleisch und Fisch. Aus genau den genannten Gründen. Aber wenn, dann achten wir darauf, dass die Produkte aus nachhaltiger, artgereichter Aufzucht stammen.
Fleischersatzprodukte: Auch hier gibt es so viele Debatten. Dass sie gar nicht besser für die Umwelt sind als Fleisch oder dass sie viel ungesünder sind als Fleisch. Die Antwort darauf ist nicht so leicht. Bezogen auf den CO2-Ausstoß sind Ersatzprodukte besser fürs Klima. Aber ihre Herstellung verbraucht häufig mehr Wasser. Also auch nicht gut. Leider gibt es noch keine Berechnungsmethoden, die etwas darüber aussagen, wie nachhaltig ein Lebensmittel produziert wurde – auch wenn viele Versprechungen auf den Verpackungen uns glaubhaft machen möchten, dass dieses oder jedes Produkt nachhaltiger ist. Was unsere Gesundheit angeht, ist das ähnlich: Hier hilft nur, die Zusatzstoffe der einzelnen Produkte miteinander zu vergleichen.
Mein Fazit: Es gibt soooo viele leckere Rezepte, bei denen ich gar nicht auf die Idee kommen würde, dass ich auf etwas verzichten muss. Auf meinem Blog findet ihr zwei Kategorien mit vielen köstlichen Rezept-Ideen: „Vegetarische Gerichte“ und „Vegane Gerichte„. Bei einer flexitarischen Ernährung könnten wir 27 Prozent Treibhausgase einsparen. Bei einer vegetarischen Ernährung sogar 47 Prozent.
Für die dpa habe ich das alles natürlich etwas weniger provokativ formuliert. Den Artikel könnt ihr zum Beispiel auf der Seite von Süddeutsche Online lesen. Dort findet ihr auch die Links zu den beiden Büchern, in denen es viele Tipps zum Thema gibt. Auf meiner Seite „Textküche“ findet ihr weitere Artikel, die ich für die dpa geschrieben haben.
Schreibt mir gerne eure Meinung dazu in die Kommentare. Noch mehr würde mich über weitere, alltagstaugliche Tipps freuen!
Eure Julia
PS: Ich muss gestehen, dass ich etwas Bauchschmerzen hatte, diesen Beitrag zu veröffentlichen. Ich weiß, dass er Raum für Diskussionen bietet. Aber ich wollte gerne zeigen, wie wichtig es ist, dass wir weniger Fleisch essen, aber dass es gleichzeitig auch nicht bedeuten muss, dass man vegan leben oder auf Genuss verzichten muss, um sich nachhaltig zu ernähren.
7 Kommentare
UHLIG
13. Dezember 2023 um 16:31Hut ab vor soviel Ehrlichkeit u. Gute Recherchen, allerdings beherzigen wir in Ostdeutschland Gebotrenen schon von Jeher die meisten Dinge . .
Julia Uehren
15. Dezember 2023 um 13:00Lieber Bernd, vielen Dank für das Kompliment 🙂 Herzliche Grüße an dich und deine Familie aus Köln! Julia
Sabine Schlimm
18. Dezember 2023 um 14:40Ich finde deinen Artikel interessant, komme für mich zu einem ähnlichen Ergebnis – würde aber gern noch ein paar Punkte ergänzen.
1. „Weniger Fleisch“ heißt für eine nachhaltige Lebensweise: richtig viel weniger Fleisch. Wenn man die Planetary Health Diet (Eat-Lancet-Kommission) zugrunde legt, kommt man auf eine Empfehlung von ca. 5 kg „rotes“ Fleisch (Rind, Schwein, Lamm) und 10 kg Geflügel. Pro Jahr! Aktuell liegt der Pro-Kopf-Verzehr in Deutschland bei 52 kg. Wir haben übrigens mal zwei Jahre lang über unseren Fleischverzehr Buch geführt, und ich kann nur raten, das auch zu tun. Es ist spannend und macht einem die Sache deutlich bewusster. (Wir lagen übrigens bei 9 bzw. 10 kg pro Jahr, rotes und weißes Fleisch haben wir dabei nicht getrennt betrachtet.)
2. Die Empfehlung, lieber einmal pro Woche „richtig gutes Fleisch“ zu essen als täglich billiges, ist sicher richtig. Nur muss sich „richtig gut“ dann auch wirklich auf die Herstellungsweise beziehen, also möglichst Bio-Fleisch von Höfen, die ihre Tiere möglichst artgemäß halten (auch bei Bio nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit). Der häufig bemühte Sonntagsbraten-Vergleich sollte nicht dazu führen, dass einmal die Woche Steaks oder Braten auf den Tisch kommen und die „unedleren“ Teile gar nicht mehr. Dann haben wir nämlich wieder ein Lebensmittelverschwendungs-Problem, und die Tiere sterben ausschließlich für ihre Filets. Es darf also auch mal – am Sonntag oder sonstwann – eine Bratwurst sein. Oder Innereien. Oder Suppenfleisch.
3. Vegane Produkte in Bausch und Bogen als minderwertigen „Ersatz“ hinzustellen, ärgert mich immer ein bisschen. Ich bin mir sicher, dass es nicht die Veganer*innen sind, die für den Großteil des Verbrauchs an hoch verarbeiteten Convenienceprodukten verantwortlich sind. Und auch bei Tofuwürstchen & Co. gibt es durchaus Unterschiede. Bei Bio-Waren sind zum Beispiel viel weniger Zusatzstoffe überhaupt zugelassen. Bei mir befriedigen z. B. Seitanwürstchen durchaus manchmal einen Jieper auf eine bestimmte Art herzhafter, würziger Lebensmittel. Ich finde es besser, wenn Leute ohne schlechtes Gewissen die Vielfalt fleischloser Produkte mal probieren, als an ihren Fleischgewohnheiten hängen zu bleiben. (Unbenommen, dass die meisten total tollen vegetarischen/veganen Gerichte ohne Convenienceprodukte auskommen!)
4. Nachhaltige Landwirtschaft – der Punkt kommt mir bei dir zu kurz – ist meines Erachtens ohne Tiere nicht oder nicht flächendeckend möglich. Wenn Tierzahlen und Ackerflächen in einem guten Verhältnis zueinander stehen, dann ist der Tiermist die nachhaltigste Art, die Böden zu düngen. Das ist das Grundprinzip des Biolandbaus (besonders konsequent auf Demeter-Höfen durchgezogen). Chemisch-synthetische Düngemittel, die in der konventionellen Landwirtschaft stattdessen zum Einsatz kommen, müssen nämlich mit sehr hohem Energieaufwand hergestellt werden (einer der Gründe, warum in der Energiekrise letztes Jahr der Preisanstieg bei konventionellen Lebensmitteln viel stärker war als im Bereich Bio). Und das heißt: unter großem Einsatz fossiler Brennnstoffe mit all den bekannten Folgen fürs Klima. Demgegenüber fällt das Pupsen der Rinder kaum ins Gewicht.
5. Nachhaltige Landwirtschaft heißt auch, dass Tiere eben nicht oder viel weniger mit Getreide für den menschlichen Konsum oder mit Soja aus Übersee gefüttert werden. Im idealen (Bio-)Fall stehen Rinder einen Großteil des Jahres auf der Weide und verwandeln Gras, das nicht für den menschlichen Verzehr geeignet ist, in hochwertige Lebensmittel für uns. Schweine können z. B. mit Abfällen aus dem Gemüseanbau und mit Molke aus der Käseherstellung gefüttert werden, außerdem mit Ackerbohnen etc., deren Anbau wiederum die Felder düngt (weil die Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln Stickstoff aus der Luft binden können). Klar, all das funktioniert nicht, wenn die Tiere in industriellem Maßstab gehalten werden. Womit wir wieder bei dem Punkt wären, woher das Fleisch stammt, das wir essen.
6. Eine Landwirtschaft mit Tieren, insbesondere Rindern und anderen Wiederkäuern, kann sogar einen sehr wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Nämlich durch die Weidehaltung. Hätten wir in Deutschland keine Wiesen und Weiden, dann würden uns sehr wichtige Habitate für viele Tiere und Pflanzen fehlen. So trägt der Konsum von entsprechend nachhaltig erzeugtem Fleisch sogar zur Artenvielfalt bei. All das heißt aber auch: Verantwortungsvoller Fleischkauf heißt, sich ordentlich zu informieren, wie auf den Höfen gearbeitet wird. Stehen die Rinder nämlich das ganze Jahr über im Offenstall, dann tragen sie natürlich genau nix zur Erhaltung der wichtigen Weidelandschaften bei.
7. Ein letzter Punkt, der meines Erachtens viel zu selten in der Diskussion genannt wird: Was ist eigentlich mit der Ernährung der so beliebten Fleisch fressenden Haustiere in Deutschland? Bei den vielen Millionen Hunden und Katzen in Deutschland fällt deren Ernährung ja durchaus ins Gewicht. Was nützt es also, wenn die Halter*innen vegetarisch oder vegan leben, wenn ihre Tiere täglich Fleisch bekommen? Eine Maßnahme zur Nachhaltigkeit müsste eigentlich sein, auf Fleisch fressende Haustiere zu verzichten. Aber das wird kaum jemals erwähnt. Warum eigentlich nicht?
Julia Uehren
20. Dezember 2023 um 09:39Liebe Sabine,
vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und deine Präzisierungen, ich stimme dir in deinen Rückmeldungen gerne zu. In den Artikeln des dpa-Themendienstes reicht der Platz leider nicht aus, um mehr in die Tiefe zu gehen, da geht es v.a. um praktische Alltagstipps für Verbraucher:innen. Mehr als einen oder zwei Aspekte kann ich dort nicht besprechen.
Mir war es wichtig, den Leuten zu zeigen, dass sie nicht gleich ihr Leben umkrempeln müssen, wenn sie aktiv etwas gegen die Klimakatastrophe tun möchten (bezogen auf Ernährung). Ich glaube, viele Menschen sind mit langen, „lauten“ Texten überfordert und stecken dann den Kopf in den Sand. Wenn mein Text ihnen hilft, auch nur einen kleinen Beitrag zu leisten, dann sind sie ja auf dem richtigen Weg. Dann gehen sie vielleicht demnächst noch einen Schritt (wenn sie sehen, dass manche Dinge wirklich einfach umzusetzen sind).
Zu 2: Auch hier stimme ich dir zu. „Nachhaltig produziertes Bio-Fleisch aus der Region“, heißt es ja auch in meinem Artikel und noch präziser sagte Frau Klein „zum Beispiel Rindfleisch von Tieren, die auf der Weide gehalten werden“. Der Part fehlt im Text leider, long story…. Wie Verbraucher:innen das erkennen können und „Nose to tail“ wären Themen für einen zweiten Beitrag.
Zu 3: Hier möchte ich widersprechen: Vegane Produkte habe ich nicht als minderwertigen Ersatz hingestellt. Ich habe (in meinem Blog-Artikel nicht in dem dpa-Artikel) geschrieben, dass es dazu viele Debatten gibt.
Zu 4, 5 und 6: Stimmt. Aber in meinem Artikel geht es nicht um nachhaltige Landwirtschaft, sondern darum, wie ich meinen Fleischkonsum reduzieren kann. Der Spiegel hatte dazu einen tollen Artikel in einer Sonderausgabe mit viel Platz für dieses wichtige Thema.
Zu 7: Interessant. Darüber habe ich noch nicht nachgedacht…
Liebe Grüße
Julia
Sabine
20. Dezember 2023 um 20:52Na klar, ich kenne die Beschränkungen in solchen Artikeln … und finde es gut, dass du dich des Themas trotzdem annimmst! Nur kurz zu 4, 5 und 6: Bei vielen Leuten ist der Grund, Fleisch reduzieren zu wollen, ja die Idee, damit etwas für Umwelt/Klima zu tun. Und da bin ich der Meinung, dass die Sache gefährlich verkürzt wird, wenn es immer heißt: Fleischverzicht = Nachhaltigkeit. So stimmt das halt nicht. Und das hat mit der Art zu tun, wie Landwirtschaft betrieben wird.
Julia Uehren
29. Januar 2024 um 14:29Liebe Sabine, entschuldige, mein Jahresbeginn lief anders als geplant und ich komme erst jetzt dazu, dir noch mal zu antworten.
Ich habe mich bewusst dafür entschieden, nur zwei Aspekte (weniger Fleisch, weniger Lebensmittel verschwenden) herausgesucht bzw. bewusst verkürzt. Nicht Fleischverzicht = Nachhaltigkeit, sondern Fleischverzicht = nachhaltiger. Und diese Gleichung stimmt ja nun mal.
Denn ich glaube, hier ist es wie bei meinem kleinen Sohn: Wenn ich ihm erkläre, dass er beim Essen nicht immer so rumhampeln soll, dass er doch endlich einfach mal diese und jenes probieren soll, dass er so ins Brötchen beißen soll, dass die Marmelade nicht im ganzen Gesicht verteilt ist, dass er erst den Mund leer machen soll und dann reden, dann ist es so: Je mehr Dinge ich von ihm auf einmal will, desto weniger kommt bei ihm an, desto mehr Überforderung und irgendwann auch Trotz entsteht bei ihm.
Ich glaube, je lauter wir rufen, je mehr wir sagen, desto häufiger stecken manche Menschen den Kopf in den Sand. Weil es überfordert. Es ist einfacher, wenn sie die Gleichung verstehen, dass sie in einem ersten Schritt weniger Fleisch essen sollen (und ich gebe Tipps, wie das geht). Wenn sie das umgesetzt bekommen haben, kann ich einen Schritt weiter gehen und mal einen Artikel über Landwirtschaft oder Nose to Tail schreiben. Dann sind sie vielleicht schon offener. Aber nicht alles auf einmal, in einem Artikel. Ich würde so einen Artikel überfordert zu Seite legen, weil ich gar nicht wüsste, wo ich anfangen soll…
Liebe Grüße
Julia
Varnamala
26. Januar 2024 um 08:27Thanks for sharing. Such a nice post. Really liked it.